March 10, 2011

Wenzel Hablik - Orientreise 1910

Axel Feuß:
WENZEL HABLIK IN DEN GASSEN VON STAMBUL
DER BLICK AUF DIE FREMDE KULTUR UND DIE FOLGEN FÜR DIE KUNST

in: Nordelbingen. Beiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 78, Heide 2009, S. 153-174





Die Erwartungen sind hoch, wenn ein Künstler aus dem Norden 1910 in den Orient reist. Zum einen hält sich die These, dass sich die Jahrhunderte alte Sehnsucht der Künstler nach Italien in diesen Jahren dem Orient zugewandt habe und dass daraus neue Perspektiven für die europäische Kultur entstanden seien. Zum anderen haben Maler, die wenige Jahre vor oder nach Wenzel Hablik den orientalischen Teil des Mittelmeer-Raums bereisten – Kandinsky 1904/05, Matisse 1912 und die Tunis-Reisenden Klee, Macke und Moilliet 1914 – mit ihren anschließend entstandenen Werken Maßstäbe für die Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert gesetzt. Die Frage ist, ob sich wirklich zwischen der Jahrhundertwende und dem Ersten Weltkrieg ein Paradigmenwechsel ereignete, der unter dem Einfluss des Orients eine neue Farbigkeit in der Malerei und den Weg in die Abstraktion sowie allgemein eine neue Wertschätzung für die orientalischen Kulturen bewirkte. Und weiter ist zu fragen, ob Habliks Werkkomplex aus Zeichnungen, Gemälden, Radierungen, Architekturentwürfen und kunsthandwerklichen Arbeiten, der während und nach seiner Reise 1910 nach Konstantinopel und Kleinasien entstand, tatsächlich, wie bislang geschehen, als Beleg für einen derartigen Paradigmenwechsel gelten kann.(1)

Hablik, der aus Brüx in Böhmen stammte und in Wien und Prag Malerei studiert hatte, war gewohnt zu reisen und dabei auch weite Strecken zurückzulegen.(2) Seine erste große zweimonatige Reise unternahm er im August 1906 in die Schweiz und nach Oberitalien. Seine zweite Reise führte ihn im Juli 1907 über Dresden, Berlin und Danzig nach Ostpreußen. Er wanderte durch Dänemark und trat schließlich einen mehrmonatigen Studienaufenthalt im Haus des Literaten Ferdinand Avenarius in Kampen auf Sylt an. Auf der Rückreise nach Königsberg lernte er auf Helgoland den Itzehoer Holzkaufmann Richard Biel und dessen Freund, den Landwirt Otto Lindemann aus Westerwohld in Dithmarschen, kennen. Biel lud Hablik nach Itzehoe ein und versprach ihm Aufträge. Lindemann sah Arbeitsmöglichkeiten in der Meldorfer Museumsweberei, die seine älteste Tochter, die Webmeisterin Elisabeth Lindemann, leitete und für die dringend Entwürfe im modernen Stil gesucht wurden.(3) Hablik nahm das Angebot an und holte im April 1908 seine persönlichen Dinge und Bilder aus Prag und Brüx nach Itzehoe. Seine Herkunft von der Wiener Sezessionskunst machte ihn in kurzer Zeit zum begehrten Entwerfer von Inneneinrichtungen und kunsthandwerklichen Arbeiten für die Familie seines Mäzens und für das Itzehoer Großbürgertum. Seine Freundschaft und spätere Heirat mit Elisabeth Lindemann öffnete ihm den Bereich der Textilkunst als eines seiner künftig wichtigsten Arbeitsgebiete.


Habliks erste Reisen zeigen uns durch die erhaltenen schriftlichen Dokumente(4) einen Künstler Mitte Zwanzig, der auf seinen Wanderungen ins Gebirge und an die See das Naturerlebnis suchte und sich offenbar wenig für die Antike, Museen, Kirchen und Sehenswürdigkeiten begeisterte. Anders als viele Künstler seiner Zeit scheinen ihn ein Studium in Paris oder die Kunstszene dort nicht interessiert zu haben. Er war aber alles andere als ein Naturbursche. Zierlich von Gestalt, zeichnete, malte, skizzierte und entwarf er unablässig und schrieb seine Gedanken nieder. Er war umfassend kunsthistorisch gebildet und literarisch belesen. Die Künstler des Symbolismus und des Jugendstils, Böcklin, Stuck, Klinger und vor allem Hodler und Klimt, waren seine Favoriten. Sein Malstil orientierte sich an van Gogh, an Munch schulte er seine Themen. Er las Goethe, Novalis, sicher andere Romantiker und Stifter. Auf Schopenhauer und Nietzsche baute er sein Weltbild und seine Naturverehrung auf. Von den zeitgenössischen Schriftstellern schätzte er Paul Scheerbart, dessen Romanen und Novellen er seine Ideen zur utopischen Kristallarchitektur und seine Vorstellungen von Reisen durch den Weltraum verdankte, später die Aktivisten Gustav Landauer, Kurt Hiller und Alfred Wolfenstein und die mit ihren Ideen verbundenen Kunsthistoriker und -publizisten Wilhelm Worringer, Karl Scheffler, Adolf Behne, Paul Fechter und Oskar Beyer.


Zwischen August 1908 und April 1909 entstand eines seiner Hauptwerke, die auf Zeichnungen der vorangegangenen Jahre basierende Radierungsmappe „Schaffende Kräfte“ mit zwanzig Bildtafeln zur kristallinen Architektur und ebenso vielen schriftkünstlerisch gestalteten Aphorismen.(5) In dieser Zeit war er häufig in Berlin, um dort den Druck der Radierungen zu überwachen und Kontakte zu knüpfen. In beiden Jahren war er mit Radierungen und Gemälden auf Ausstellungen der Berliner Secession vertreten.(6)


Am 29. Juni 1910 bestieg Hablik in Itzehoe die Eisenbahn nach Hamburg und Genua, die ihn zum Schiff nach Konstantinopel bringen sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt deutet nichts darauf hin, dass der Künstler sich jemals für den Orient interessiert hätte. Die Anregung zur Reise ging von Otto Lindemann aus, in dessen Familie er ein gern gesehener Gast war.(7) Lindemann war eine weithin bekannte Persönlichkeit, Amtsvorsteher, Abgeordneter im Provinzial-Landtag, Mitbegründer und Aufsichtsratsmitglied der Westholsteinischen Bank und Generaldirektor zweier Erdölgesellschaften in Galizien.(8) Sein ältester Sohn Rudolf arbeitete in Konstantinopel als Generalbevollmächtigter der Bremer Dampferlinie „Atlas“, die 1910 mit der Deutschen Levante-Linie fusionierte. Otto Lindemann hatte ihn 1908 anlässlich einer seiner Fahrten nach Galizien besucht und dabei den Plan entwickelt, Hablik mit einer freien Passage auf einem der „Atlas“-Frachtschiffe von Hamburg nach Konstantinopel reisen zu lassen.(9) Die freie Passage ließ sich nicht realisieren. Deshalb entschied Hablik sich, die Schiffsreise selbst zu zahlen und sie zu rund einem Viertel des Preises, den es ab Hamburg gekostet hätte, von Genua aus auf dem Express-Dampfer „Stambul“ der Deutschen Levante-Linie(10) anzutreten.


Für Hablik stand von Anfang an das momentane Reiseerlebnis, nicht das eigentliche Ziel im Vordergrund. Aus über dreißig Briefen,(11) die er von seiner dreimonatigen Reise an Richard Biel und seine Frau schrieb und die sich teilweise mehrseitig und tagebuchartig, nicht selten in emphatischen Stakkatos von Stichworten über mehrere Tage erstrecken, sind wir über den Reiseverlauf genau informiert. Italien war für Hablik keineswegs nur Durchgangsstation. In Genua quartierte er sich für fünf Tage im Lloyd-Hotel ein, besuchte die Altstadt, den Campo Santo und stieg auf den Righi. Erste Zeichnungen von der im 19. Jahrhundert auf den umliegenden Hügeln errichteten Neustadt entstanden. Am 5. Juli bestieg er die „Stambul“, die von Genua zunächst nach Neapel fuhr, dann die Straße von Messina passierte, in Catania auf Sizilien anlegte, im Hafen von Piräus Station machte und schließlich nach der Fahrt durch die Dardanellen Konstantinopel ansteuerte. Wo immer das Schiff anlegte, nutzte er die wenigen Stunden zu parforceartigen Ausflügen in die Umgebung. In Neapel besuchte er das Museum und das Aquarium. Von Catania aus erklomm er mit Pferdewagen und Esel den Ätna bis zur halben Höhe des Vulkans. In Piräus bestieg er den Zug nach Athen, um die Akropolis zu besuchen.


In Italien und Griechenland begegnet uns der Künstler als der typische Reisende, wie wir ihn seit der Goethe-Zeit kennen. Fast scheint es, als hätte Hablik Goethes „Italienische Reise“, deren literarische Kenntnis ihm unbedingt zuzutrauen ist, oder das, was in dem Jahrhundert danach Programm(12) wurde, im Parforceritt abgearbeitet: die von Goethe aus Tagebüchern und Briefen vorgebildete Form des Reiseberichts, die Ergänzung durch Zeichnungen,(13) die abwechselnde Beschreibung von Natureindrücken, Altertümern und nationalen Charakteren. Seit Johann Gottfried Seumes „Spaziergang nach Syrakus“ (1802) hatte sich das deutsche Bürgertum auch die „soziale Wahrnehmung Italiens erwandert“ (Achatz von Müller). Das italienische „Volksleben“ und mit ihr das Pittoreske war Teil der touristischen Kultur geworden. Schon in der Sicht auf Italien bildete sich auch bei Hablik eine Mischung aus Bewunderung und Aversion heraus, die für die Haltung gegenüber dem Exotischen charakteristisch werden sollte. In Genua beschrieb Hablik „fabelhaftes Treiben“, „riesige 2-rädrige Karren [...] mit 3 Maultieren bespannt [...] ein halbnackter Kerl ohne Hut und Peitsche sitzt pfeifend darauf [...] Ununterbrochen ändert sich das Bild, Harfenspieler, Gitarrenspieler kommen unter das Fenster und klimpern und zimpern und lachen, kleine braune Jungs, voller Dreck mit großen Körben am Arm oder Buckel trollen herum [...]“ Neapolitaner machten ihre Kunststücke, Mädchen tanzten zu „Wiener Musick“.(14) In Piräus herrschte „ohren-und sinnverwirrendes Gewimmel“ aus „bunten Booten mit wehenden Flaggen und Teppichen darin [...] Da waren Hotelbedienstete, Interpreter, Geldwechsler (ganz greuliche Schwindler), Lastträger, Führer – sehr – sehr – bunt, sechs fielen über einen Passagier her [...] Niemand traute sich, seinen Leib einem dieser Boote [...] anzuvertrauen [...] so begab ich mich mit meiner Peitsche in der Hand (auch in Genua, Neapel, Catania hatte ich sie zum Glück mit) in eines Kerl Klauen [...] Er trug mich fast die Stiegen hinunter, zähnefletschend wie ein lachendes Ungeheuer.“(15)


Italien war im ersten Jahrzehnt nach 1900 keineswegs aus der Mode gekommen und schon gar nicht bei jenen Künstlern, die für einen neuen Orientalismus verantwortlich gemacht werden. Klee, Macke und Moilliet sind alle in Italien gewesen. Klee unternahm 1901/02 zusammen mit dem Schweizer Bildhauer Hermann Haller eine sechsmonatige Studienreise nach Italien, die ihm nicht nur gotische Malerei in Siena und Proportionsverhältnisse der Renaissance-Architektur sondern – wie später Hablik – im Aquarium von Neapel den Farben- und Formenreichtum der Meeresfauna vermittelte.(16) Macke reiste während seiner Studienzeit an der Düsseldorfer Akademie 1905 nach Italien. Moilliet war 1907/08 auf einer Studienreise in Rom und brach von dort aus zu einer ersten Reise nach Tunesien auf.(17) Der einzige Anlass für Klee, nach Tunesien zu reisen, war, „daß der Louis Moilliet [...] schon einmal dort war [...] und letzten Dezember haben wir drei geschworen, daß es sein soll.“(18) Wassily Kandinsky und Gabriele Münter, die im Dezember 1904 nach Tunis reisten, besuchten auf der Heimreise im April 1905 Neapel, Rom, Florenz und Verona. Den Winter von Dezember 1905 bis April 1906 verbrachten sie an der Italienischen Riviera.(19) 1905 wurde der Villa-Romana-Preis ins Leben gerufen, der mit einem Aufenthalt in dem von Max Klinger erworbenen Anwesen in Florenz verbunden war und zu dessen Preisträgern bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs Georg Kolbe, Max Beckmann, Käthe Kollwitz, Barlach, Brockhusen, Bossert und Wilhelm Laage gehörten. Pechstein reiste 1907 mit Mitteln des Sächsischen Staatspreises, Heckel 1909 nach Italien.


Künstler und Literaten reagierten bei der Auswahl ihrer Ziele natürlich ebenso wie andere Reisende auf die Entwicklung des Tourismus und auf politische Ereignisse. Insbesondere der Ausbau des Eisenbahnnetzes, der im Deutschen Reich 1912 seinen Höhepunkt erreichte, läutete im ersten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts in Italien das Zeitalter des Massentourismus ein,(20) ließ aber auch Ziele im Orient in greifbare Nähe rücken. Bereits 1870 hatte der Londoner Reiseunternehmer Thomas Cook sein regelmäßiges Reiseprogramm durch Frankreich, Italien und die Schweiz um Rundreisen durch Palästina und Ägypten erweitert.(21) Der Bau der Anatolischen Eisenbahn mit Kapital der Deutschen Bank und Materiallieferungen aus Deutschland seit 1889 und die gleichzeitige Gründung der Deutschen Levante-Linie ermöglichte es erstmals, „von fast jedem deutschen Bahnhof die seewärts gehenden Güter aus einem Dokument bis in die fernsten Häfen der Levante aufzugeben.“(22)


Die seit 1898 eingesetzten Expressdampfer übernahmen nicht nur einen Großteil der deutschen Ausfuhr, sondern erfreuten sich auch durch die komfortable Ausstattung der Passagiereinrichtungen großer Beliebtheit bei den Levante-Reisenden. Die Reederei gab 1909 einen über einhundert Seiten starken Werbeband unter dem Titel „Reisen nach dem Morgenlande“ heraus, der neben Fotos des Dampfers „Stambul“ auch Ansichten aus Konstantinopel und von Wasserpfeife rauchenden Männern „vor einem türkischen Kaffeehause“ zeigt.(23) Die Schiffsreise brauchte einen Vergleich mit touristischen Kreuzfahrten nicht zu scheuen: „Ein geräumiges Promenadendeck ladet während der Fahrt zum Aufenthalt im Freien ein, den durch Spiele und sonstige Veranstaltungen zu verkürzen, hinreichend Gelegenheit ist [...] Die gemeinsamen Mahlzeiten vereinigen die Reisenden im Speisesalon. Derselbe ist elegant und bequem ausgestattet.“(24) Hablik nutzte die bequeme Art des Reisens, um das Meer zu allen Tageszeiten und unter allen Wetterbedingungen zu studieren. Am Tag vor der Ankunft in Konstantinopel lernte er „eine junge Russin kennen mit einem prachtvollen, merkwürdig antiken Schädel und zeichnete sie. Ich saß allein mit ihr an Deck – das immer leerer und leerer von Passagieren wurde. Alles geht zur Ruhe.“(25)


Politisch, wirtschaftlich und sozial gesehen war die Türkei in diesen Jahren kein touristisches Traumziel. Im Juli 1908 hatte ein von den oppositionellen Jungtürken unterstützter Militäraufstand in Saloniki den seit über dreißig Jahren mit Dekreten regierenden Sultan des Osmanischen Reichs, Abdülhamid II., gezwungen, die parlamentarische Verfassung von 1876 wieder in Kraft zu setzen. Ein Truppenaufstand im April 1909 nötigte ihn zum Rücktritt. Während der Schwächung im Inneren verlor die Türkei bedeutende Gebiete: Im Oktober 1908 annektierte Österreich-Ungarn Bosnien-Herzegowina. Bulgarien erklärte die Unabhängigkeit. Wirtschaftlich litt die Jungtürkische Regierung unter dem Staatsbankrott von 1876. Der Staatshaushalt wurde seitdem von der Schuldenverwaltung der Gläubigerstaaten aufgestellt. 1910 wurden die osmanischen Schuldenanleihen bei den Deutschen Banken noch einmal erhöht. Die Masse der Istanbuler Bevölkerung, die aus allen Teilen des Vielvölkerstaates in die Hauptstadt kam, lebte in Armut und fristete ihren Lebensunterhalt als Gelegenheitsarbeiter und Verkäufer. Scharen von Bettlern belagerten die Stadtteile der wohlhabenden Ausländer, Galata und Pera (Beyoğlu), in denen Hotels entstanden und die zum Zentrum des Tourismus wurden.(26)


Hablik wie auch die meisten anderen Touristen seiner Zeit erlebten hier aber vor allem die „fabelhafte Lebensglut und Farbensonne des Orients“(27) und ein „Märchenland voller Abenteuer“.(28) Als die „Stambul“ am frühen Morgen des 10. Juli 1910 im Hafen von Konstantinopel einlief, stand Rudolf Lindemann bereits am Kai. Der Künstler bezog sein Quartier in der Pension „Teutonia“ im Stadtteil Pera „mit prächtigem Ausblick auf Stambul und 2 Moscheen [...] und unter mir, tief – liegt eine schmale Gasse mit merkwürdigem Leben und den buntesten Gestalten.“(29) Pera, hoch über dem Goldenen Horn gelegen, unterschied sich mit seinen Stadthäusern reicher europäischer Kaufleute, den an der Grande Rue de Péra gelegenen Botschaften und den Wohnblocks der osmanischen Oberschicht aus der Gründerzeit und der Epoche des Jugendstils deutlich von den türkischen Quartieren in der Altstadt, dem eigentlichen Stambul. Dorthin führte Lindemann den Künstler zuerst, durch „enge, stinkende und freundliche Gassen, zwischen Scharen von Menschen, Lastträgern und Wagen [...] an unglaublich vielen offenen Türen vorbei und Fenstern, aus denen Katzen und Fabeldüfte sich drängen,“(30) über die Galata-Brücke, die das Goldene Horn überspannt, zum Großen Basar.


In den folgenden vier Wochen besuchte der Künstler die Hagia Sophia, die Moscheen, das Archäologische Museum, das auf der anatolischen Seite am Bosporus gelegene Skutari (Üsküdar) mit seinen bedeutenden Friedhöfen, Ejub (Eyüp) mit der Moschee und dem Mausoleum Ayyubs, des Weggefährten Mohammeds, mit „seinen tausend und tausend Gräbern und den uralten Zypressen“.(31) Er berichtete von Besuchen bei Teppichhändlern, überwältigt von den dort gesehenen „Wunderschätzen märchenhafter Formen und Farben trunkener Kultur,“(32) und von den Beispielen des historischen Kunsthandwerks, die im Islamischen Museum im Tschinili-Kiosk (Çinili Köskü) im Bezirk des Topkapi-Palastes ausgestellt waren und die, so Hablik, „in jedem ganz modernen Raum stehen könnten.“(33) Zu den wichtigen Eindrücken gehörten aber auch „der Bosporus mit seinen Ufern, die einem anderen Weltteil anzugehören scheinen“ und „Stambul selbst – wie ich es [...] zu jeder Tageszeit durchstreift habe.“(34)

Abb. 1: Wenzel Hablik: ohne Titel, dat. 31.VII.1910, Bleistift, 20,7 x 12 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe

 Abb. 2: Wenzel Hablik: ohne Titel, 1910, Bleistift,
19,3 x 9,3 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe

Weitaus mehr Aufmerksamkeit als den musealen und touristischen Sehenswürdigkeiten widmete der Künstler Landschaften, Menschen und Alltagsszenen. Während er in den Briefen Begebenheiten im Basar, beim Edelsteinhändler, im Kaffeehaus und die Stimmung über der Stadt während eines Wolkenbruchs beschreibt, konzentrierte er sich in seinen Zeichnungen auf Porträts und Gewandstudien. Die Bleistift-Bildnisse, frontal, in Dreiviertelansicht oder im strengen Profil aufgenommen, sind so scharf akzentuiert, dass das Vorhaben, ethnische Typen zu dokumentieren, nicht zu übersehen ist (Abb. 1). Sie erinnern durch das Fehlen jedes emotionalen Ausdrucks an ethnographische Fotografien, wie sie bereits seit den 1850er Jahren auf Expeditionen in den Nahen und Mittleren Osten, nach Indochina und in die westlichen Territorien der USA entstanden und weit über die Jahrhundertwende hinaus in Tafelwerken publiziert wurden.(35) Seine Gewandstudien, in die er sogar islamische Geistliche und verschleierte Frauen einbeziehen konnte (Abb. 2), sind so präzise, dass sie heute als „historische Dokumente“(36) gelten können. Doch Hablik dokumentiert nicht nur, er charakterisiert; denn die physiognomischen Merkmale scheinen immer überzeichnet. Die auf den Blättern notierten Farben spiegeln wider, was der Künstler von den Porträtierten an „leuchtendem, glühendem Leben“(37) erwartete: „goldfarbige Haut, blauviolettes Haar, sehr farbige Lippen“, „tief bronzefarben, violett dunkle Augen, Brauen und Wimpern, gelbes Augenweiß, roter Fez“, „Bart violettbraun, an den Enden grüngrau schimmernd u. durchsichtig.“(38) Den Plan, die „prächtigen Köpfe (ich habe einige 60!) nach den kleinen Zeichnungen malen zu können“,(39) setzte der Künstler nach seiner Rückkehr in den folgenden eineinhalb Jahren in eine Serie von bislang dreizehn bekannten Ölbildern (Abb. 3) um, von denen einige in Farbe und Form die Grenze zur Karikatur so weit überschreiten, dass sie heute kaum mehr ausstellbar erscheinen. Höhepunkt dieser Auffassung ist das ausschließlich in leuchtenden Blauvariationen gemalte Porträt eines afrikanischen Matrosen in Smyrna, das vor einem leuchtend gelben Himmel steht.(40)

Abb. 3: Wenzel Hablik: Türke, Hodscha, dat. 2.XI.10,
Öl auf Leinwand, 66 x 49,5 cm,
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe

Habliks Vorhaben, das Exotische der fremden Kultur abzubilden, setzte sich in seinen literarischen Beschreibungen fort, die Klischees und Stereotypen nicht vermeiden. In „einem Land – wo die Menschen keine Sorgen zu kennen scheinen – wo alle so viel Zeit haben,“(41) sind Händler grundsätzlich Betrüger und minderwertige Menschen, ob sie gerade „Amerikaner, die hier in Scharen mit Dampfern und Bahn ankommen“ mit in Deutschland produziertem Kitsch hinters Licht führen(42) oder dem Künstler die kostbarsten Edelsteine offerieren, „und ein elender schmieriger Kerl besitzt sie – in einer schmierigen Ledertasche hat er sie, vor einer stinkenden Bretterbude im Basar (dessen Luft Jahrhunderte alt zu sein scheint), auf persischen Teppichen sitzt er - unbegreiflich.“(43) „Hunderte und aberhunderte Menschen aller Sorten bummeln feilschend, anpreisend – schreien – brüllen – heulen und keifen durch die Gewölbe – hunderte Händler hocken hier den ganzen Tag auf einem Fleck [...] Griechen und Armenier sind die leibhaftigen Teufel – und die witzigsten und gemeinsten Betrüger.“(44) Es ist die Sicht des vom Kolonialismus geprägten Mitteleuropäers, der über der fremden Kultur steht und doch ihre Schätze nach Hause tragen will.

Seit Carl Ritter von Scherzer von seiner Weltumsegelung 1857-59 fotografische Aufnahmen aus Ceylon, Ostindien, Java, Australien und Südamerika mitbrachte und man dieses Medium fortan auf allen großen Reisen und Expeditionen zur Dokumentation einsetzte, hatte vor allem die Fotografie dazu beigetragen, dass Wissenschaftler, Gelehrte und die Öffentlichkeit in Europa zur Gewissheit gelangten, „der Wirklichkeit endlich habhaft geworden zu sein.“(45) Während seit den 1870er Jahren die Archäologie, die Völkerkunde und die Anthropologie schon durch die Menge des inzwischen verfügbaren fotografischen Materials einen bedeutenden Aufschwung erlebten, wurde die Auffassung Allgemeingut, dass an die Stelle geschriebener Quellen nun das Bildarchiv als ständig verfügbare Quelle des Weltgeschehens treten könne. Die Reisenden, so schrieb man bereits 1864 in der Zeitschrift „Photographisches Archiv“, zeichne eine „große Nüchternheit“ aus, und von Malern, die eine „berserkerhafte Reiselust“ befallen habe, werde nun „Algier, Ägypten, Syrien, Palästina [...] bereist und ausgebeutet.“(46) Die Fotografie ermöglichte, das Fremde vermeintlich wahrheitsgetreu ins Bild zu setzen.

Seit der Jahrhundertwende war jeder Reisende in der Lage, mit einem der von der Fotoindustrie neu entwickelten Kodak-Apparate selbst zu fotografieren. Während dadurch auch die Reiseliteratur beträchtlich anwuchs, konzentrierte sich die journalistische und fachliche Berichterstattung über fremde Völker und Kulturen auf die großen völkerkundlichen Expeditionen wie die „Innerafrika-Expedition“ Herzog Adolf Friedrichs zu Mecklenburg 1907-08, die „Hamburger Südsee-Expedition“ 1908-10, die unter der Leitung des Direktors des Völkerkundemuseums in die deutschen Kolonialgebiete der Südsee führte, und die „Kaiserin-Augusta-Fluss-Expedition“ 1912-13 nach Papua-Neuguinea, die alle in enger Verbindung zu den Kolonialbestrebungen des Deutschen Kaiserreichs standen. Durch die Beschleunigung des internationalen Verkehrs, die Ausweitung des Überseehandels und die Kolonialisierung wurden auch die fremden Kulturen so schnellen Veränderungen ausgesetzt, dass die Völkerkunde eine wesentliche Aufgabe in der fotografischen Inventarisierung sah, um dem „Verlust der ethnischen Originalität“(47) zuvorzukommen.(48)

Auch Hablik war von diesen Überzeugungen geprägt. Er beschloss am zweiten Tag seiner Ankunft in Konstantinopel, „einen Apparat kaufen, um selbst zu fotografieren, aber die Schwierigkeiten sind haufenweise – und die Leute haben direkte Angst vor dem Apparat.“(49) Für die spätere detaillierte Ausarbeitung seiner Skizzen erwarb er daher „Fotografien – deren es hier (wie übrigens auch in Genua, Neapel, Catania etc.) sehr gute gibt, wenn sie freilich auch ohne das direkte Leben ganz wertlos sind [...] Denn man kann mit der Fotografie die 3fache Beweiskraft auf die in Frage kommenden Leute ausüben.“(50) Sein künstlerischer Ansporn entsprach dem der ethnologischen Forschungsreisenden seiner Zeit: „Ich bin froh, dass ich den Orient [...] noch in seiner relativ gesunden Form gesehen habe. Wer weiß – wieviel davon in 5 Jahren noch übrig ist!“(51) Eine besonders fragwürdige Popularisierung der Gewissheit, des Exotischen und wo eben möglich der „Exoten“ selbst habhaft geworden zu sein, stellten die Völkerschauen dar, die der Hamburger Tierhändler und spätere Zoodirektor Carl Hagenbeck seit Mitte der 1870er Jahre organisierte und die 1909 bis zu vierzigtausend Besucher an einem Wochenende anzogen.(52)

Erst nachdem Hablik seine Rundgänge in Pera, Galata und Stambul abgeschlossen hatte, entstand die Mehrzahl seiner Landschaft- und Genrezeichnungen. Er skizzierte von seinem Zimmerfenster in der Pension „Teutonia“ aus den Blick über die Dächer der Stadt auf die Hagia Sophia.(53) „In funkelndes Gold getaucht,“ schrieb er in diesen Tagen an Richard Biel, „von feinen blauen Tönen beschimmert liegt Stamul vor mir wenn ich zum Fenster hinausschaue [...] Der Himmel ist gelblich grün – am Horizont schimmern die Konturen ferner Berge und der Prinzeninseln – dichte goldbraune Rauchschwaden von den Dampfern schweben über der Stadt – ein Streifen tiefvioletten Wassers ist noch sichtbar – alles andere goldig-orange – goldig grün und violett. So zart sind die Töne – daß die dagegen gehaltene Hand wie Metall wirkt.“(54) Eine Woche später ergänzte er seine Notizen durch eine Ölstudie, die den in der Zeichnung wiedergegebenen Blick nun in einer dunstigen, vorwiegend in Blautönen gehaltenen Morgenstimmung zeigt.(55)


Abb. 4: Wenzel Hablik: Konstantinopel von Pera aus gesehen, mit Hagia Sofia, dat. 21.VII.11, Öl auf Leinwand, 120 x 120 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe

Für die Endfassung des Gemäldes, das der Künstler im Juli 1911 in Itzehoe malte, übernahm er aus der Ölstudie die buntfarbigen Dachlandschaften im Vordergrund und den Blick auf die Hagia Sophia, erweiterte die Ansicht aber nach rechts um die etwas zurück liegende Sultan-Ahmed-Moschee mit ihren charakteristischen sechs Minaretten (Abb. 4).(56) Über den in blauen und gelben Tönen gemalten Moscheen und einem Streifen des Marmara-Meers erhebt sich auf fast Zweidrittel der Bildfläche der Himmel in zwei unterschiedlich breiten blauen Streifen und einer hohen, das ganze Bild dominierenden Zone aus sich zu Gold verdichtenden gelben und rosa Farbtönen. Es ist eine impressionistisch empfundene Synthese und ein Idealbild der gesammelten Farbeindrücke. Am nächsten kommt das Bild allerdings dem ersten Eindruck, den der Künstler nach der Ankunft des Schiffes in der Stadt am Bosporus notierte: „Aus tiefem Perlmutter blauem Dunst taucht eine blitzende Fläche empor [...] Sylhouette um Sylhouette taucht aus dem blauen Schatten und in wundervoller Majestät ein Städtebild auf wie ich es kaum je geträumt. Es ist eine Symphonie der zartesten Perlmuttertöne – gesteigert in der Reinheit der Farbe durch zartestes Gold und Rosa und blitzendes Sonnenlicht bis zu einem – schönen Märchen!“(57) Habliks Blick über Konstantinopel folgt einem lange bekannten Bildtypus: den ebenso zahlreichen wie populären seit dem frühen 19. Jahrhundert gemalten Panoramabildern von Rom, die in der Mehrzahl den Blick „über das Gewinkel von Dachformen hinweg auf die überall daraus hervorragenden Kuppeln, Campanili und Fassaden“ zeigen. Sie entstanden nicht allein aus topographischem Interesse, sondern um das „atmosphärisch Besondere,“ „das Unverwechselbare des atmosphärischen Lichts, der gesamten Stimmung“(58) festzuhalten – eine Intention, der Hablik mehr als siebzig Jahre später unverändert folgte.

Abb. 5: Wenzel Hablik: Moda, 1910, Bleistift,
22,5 x 27,3 cm, Museumsberg Flensburg

Außerhalb der Stadt zeichnete Hablik Caféhaus-Szenen mit Gruppen von Türken, die auf kleinen Stühlen, allein oder zu zweit auf Teppichen sitzen und Wasserpfeife rauchen oder einem Flötenspieler zuhören (Abb. 5). Sie entstanden in Moda auf der anatolischen Seite Istanbuls, wo sich der Künstler seit dem 8. August für mehrere Tage aufhielt, um einen Porträtauftrag auszuführen, mit dem er das Geld für die Rückreise verdienen wollte. Szenen dieser Art sind ebenso wie Lastträger und Gaukler, die er vermutlich in Konstantinopel zeichnete, auch als fotografische Abbildungen in der Reiseliteratur der Zeit zu finden.(59) In Moda entstanden außerdem Dorf- und Marktszenen, die meist von erhöhtem Standort aus und in kleinteiligen, dekorativ und impressionistisch wirkenden Helldunkelkontrasten ausgeführt sind, zwei Kilometer südlich in Feneraki (Fenerbahçe) eine heitere Küstenlandschaft mit Segelboten und eine Studie mit Zypressen.

Der für die folgenden Tage geplanten Abreise nach Deutschland kam die Einladung dreier österreichischer Reisender zuvor, sie auf einer Schiffsreise von Konstantinopel nach Mudanya in Kleinasien, dem Besuch der Stadt Bursa und der Besteigung des Bithynischen Olymps (Uludağ) zu begleiten. Hablik schildert im Brief an Richard Biel vom 21. August den beschwerlichen Aufstieg auf den zweieinhalb Tausend Meter hohen Berg mit türkischen Führern auf staubigen Eselpfaden,(60) fabuliert aber auch in der Art von Karl Mays „Gesammelten Reiseromanen“, die in dieser Zeit mit Titeln wie „Durch Wüste und Harem“ (1892/93), „Durchs wilde Kurdistan“ (1892/94) oder Zeitungsgeschichten wie „Abdahn Effendi“ (1908) das Orient-Bild ganzer Generationen prägten: „Funkelnde dunkle Augen – verwetterte Gesichter – Räubertypen aus Tausend und einer Nacht [...] der Führer ein reiner Bandit [...] in glutroter Sonne und schillerndem Nebel liegt Brussa tief unter uns – – ein Meer von Farbe [...] Menschliche Laute – Esel [...] plötzlich eine Felsgruppe [...] Menschen? Räuber! – ein rauschendes Feuer [...] unheimliche Gestalten stehen und hocken herum [...] Freundlichkeit überall – lächelnde gutmütige Laute hört man [...] – und weit hinten ragt der zerklüftete Gipfel des Olymp [...] wie werden wir von dem verrufenen Gesindel aufgenommen werden [...] Braune, lederne Gesellen – mit schwarzen Augen und Bärten – den Gürtel voll Waffen empfangen uns [...] Wahrhaftig, wenn es diesen Leuten einfallen sollte uns abzumurksen – wir wären nie zu finden.“ Am Feuer begann der Künstler, die Hirten zu porträtieren. Ein wandfüllendes Gemälde vom Juli 1911 illustriert die Begebenheit.(61)

Abb. 6: Wenzel Hablik: Moschee, 1910, Bleistift,
22,5 x 27,2 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe

Von größerer künstlerischer Qualität sind Habliks topographische Ansichten der Stadt Bursa, in denen er erneut auf berühmte kompositorische Vorbilder des 19. Jahrhunderts zurückgriff. Die Zeichnung und das später danach gemalte Ölbild der „Grünen Moschee“(62) (Abb. 6) folgen im Bildaufbau den vom linken Bildrand ansteigenden arkadischen Stimmungslandschaften des vom Künstler hoch geschätzten Malers Arnold Böcklin,(63) aus denen Bauwerke und Statuen herausragen und in denen Zypressen – wie später in Böcklins Schlüsselbild „Toteninsel“ (1883, Nationalgalerie Berlin) – die Stimmungsträger sind.(64) Die charakteristische reiche Verteilung von Zypressen in der zur Zeit von Habliks Aufenthalt noch ländlichen Stadt ist durch historische Aufnahmen belegt.(65) Der Künstler machte sie jedoch durch die mittige Ansicht und die malerische Helldunkelverteilung zum eigentlichen Thema seiner Zeichnung.

Studien von Zypressen gehören zu den wichtigen Bildthemen seiner Reise: In Feneraki (Fenerbahçe) schuf er eine Zeichnung, die in Ausschnitt und Perspektive unschwer mit den Ansichten von Zypressengruppen aus der Villa d’Este der um 1840/50 in Rom lebenden Maler Schirmer und Achenbach in Verbindung zu bringen ist.(66) Im Februar und Juli 1911 malte Hablik wenigstens drei Gemälde mit allein stehenden und Gruppen von Zypressen, die durch die fließend ornamentale Form der Bäume und die farbliche Reduktion auf Grün und Violett-Töne stark vom Jugendstil geprägt sind.(67) Seine Zeichnung und das nachfolgende Gemälde der Alten Holzbrücke mit der Grünen Moschee(68) in Bursa erinnern im Bildaufbau und durch die oberhalb des Flußhangs stehenden Zypressen an Böcklins „Villa am Meer“ (1859/63, Neue Pinakothek, München).

Abb. 7: Wenzel Hablik: Die Grüne Türbe, Brussa,
dat. 28.VII.11, Öl auf Leinwand, 121,5 x 121,5 cm,
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe

Für das im Juli 1911 entstandene Gemälde „Die Grüne Türbe“ (Abb. 7), die das Mausoleum Sultan Mehmed I. in Bursa zeigt, ging Hablik noch einen Schritt weiter. Er veränderte die Perspektive aus der vorangegangenen Zeichnung(69) zugunsten der nun deutlicher im Mittelgrund und am linken Bildrand aufragenden Zypressen, die nun ähnlich wie in Böcklins „Toteninsel“ das Bild prägen. An Stelle lose in der Zeichnung verteilter Figuren führte er eine Prozession verhüllter, teils knieender Frauen ein, wie sie aus Böcklins Gemälde „Der Heilige Hain“ (1882, Kunstmuseum Basel) bekannt ist. Damit lassen sich Motive aus Böcklins „weitesthin bekannten“ Bildern, „Villa am Meer“, „Toteninsel“ und „Heiliger Hain“ (Christoph Heilmann),(70) und damit eigentlich traditionelle Italien-Motive in Habliks Gemälden von der Orientreise nachweisen.

Die folgenden zwei Wochen verbrachte der Künstler größtenteils in Moda, um seinen Porträtauftrag abzuschließen, und trat am 8. September auf dem Frachtdampfer „Arkadia“ der Levante-Linie die Rückreise über Smyrna (Izmir), Malta und Rotterdam an, um am 30. September in Hamburg einzutreffen. Auch in Smyrna zeichnete er Studien von Lastträgern, Köpfe und sogar Akte von griechischen Mädchen, die ihm aber wieder „abgenommen“ wurden.(71) Vom Schiff aus malte er Ölstudien der Küste und zeichnete Meereswellen wie später auch vor Malta und vor der Küste Spaniens. Eines von Habliks schönsten Meerbildern geht auf eine „vor Smyrna“ entstandene Bleistiftstudie zurück.(72)

Liest man die 1912 erschienenen Beschreibungen des österreichischen Weltreisenden Richard Freiherr von und zu Eisenstein nach Konstantinopel und Kleinasien, dann wird schnell klar, dass Hablik sich während des Großteils seiner Reise auf ausgetretenen touristischen Pfaden bewegte. Eisenstein bildete neben den bereits erwähnten fotografischen Aufnahmen „vor einem türkischen Kaffeehause“, von Lastträgern und dem Panorama der Stadt Bursa auch die „Fassade der Suleimanijeh-Moschee in Konstantinopel“ und die „Grüne Türbe in Brussa“ mit exakt dem selben Ausschnitt ab, den Hablik für seine Zeichnungen wählte.(73) Eisenstein besuchte zunächst europäische Honoratioren in Pera (Beyoğlu), schiffte sich dann nach Bursa zum Besuch der Grünen Türbe und der Grünen Moschee ein, beschrieb den vom Olymp im Tal Gökdere über Felsen und Wasserfälle herabstürzenden Bergbach, den Hablik malte,(74) schilderte Besuche auf dem Friedhof von Eyüp, auf dem Galata-Turm, auf dem „von Zypressen angefüllten Friedhofe“ und in den Klöstern von Skutari (Üsküdar), wo Hablik ein Mitglied vom „Orden der heulenden Derwische“ zeichnete und eine Ölstudie des Küstenstreifens anfertigte.(75)

Insgesamt waren während Habliks Reise rund einhundert Einzelblattzeichnungen im Format 27,3 × 22,5 cm, einhundertfünfzig Zeichnungen in kleineren Skizzenbüchern und etwa ein Dutzend Öl- und Temperastudien auf Pappe und Leinwand entstanden. Heute sind noch etwa zweihundert Arbeiten vorhanden. Im Anschluss an die Reise führte der Künstler sechsunddreißig bislang bekannte Landschaften, Porträts, Meer- und Blumenbilder als Ölgemälde aus, wobei zwei Bilder mit Orchideensträußen Neapel und die Seestücke allgemein dem Mittelmeer und dem Atlantik zugeordnet sind. Jeweils zwei von mehreren großformatigen Bildern phantasievoll gestalteter Meeresflora und -fauna in nass verlaufenden schwarzen und farbigen Tuschen auf Karton in der Prager Nationalgalerie und in der Wenzel-Hablik-Stiftung tragen die Beischrift „Aquarium Neapel“ und sind 1911, 1912 und 1913 datiert.(76) In dem 1915 entstandenen Radierungsszyklus „Das Meer“ beziehen sich wenigstens drei von zehn Bildern, „Griechische Küste, Badespiele“, „Frauenbad, Bosporus“ und „Esche am Meer (An der Adria)“, auf die Orientreise.

Einige in den Jahren nach der Reise entstandene Entwürfe aus den Werkgruppen der Utopischen Architekturen und des Kunsthandwerks, die bereits ausführlich gewürdigt worden sind,(77) lassen sich aufgrund von Bauformen und Ornamenten, durchgehend aber wegen der Übernahme des orientalischen Kielbogens dem Einfluss der Orientreise zuordnen: kleinere Entwürfe für Dosen, eine Tischuhr und die Frisiertoilette für Richard Biels Ehefrau Juanita (1911), die Außen- und Innenansichten eines „Schautempels“, der Entwurf für ein „Theater- und Künstlerhaus“ und zwei Entwürfe für einen Tanz- und einen Teepavillon (1914), der Entwurf für eine Sammlungvitrine und ein Armlehnstuhl (1919), eine Tischlampe (1923) sowie etliche Stücke des Anfang der zwanziger Jahre entworfenen Essbestecks. Auch einige zwischen 1910 bis 1914 und 1919 wieder aufgenommene Entwürfe für die Handweberei, Kissen mit orchideenartigen Pflanzenornamenten in Seidenstickerei oder -applikation, „Paradiesvogel“-Behänge und die zahlreichen Kelim-Muster, mögen trotz ihrer starken Einbindung in den Stil der Zeit dazugehören.

Bereits Habliks Briefe ließen keinen Zweifel daran, dass sich die Fülle der gewonnenen Eindrücke hervorragend in seine bisherige Gedankenwelt einfügen ließ. Sein früh im Zusammenhang mit den Entwürfen zur utopischen Kristallarchitektur formuliertes und nie aufgegebenes künstlerisches Konzept gründete sich auf zwei Säulen: die Idee eines durch das gemeinsame Streben aller Menschen zu erreichenden architektonischen „Weltwerks“, das der Naturschöpfung ebenbürtig sein sollte (1906),(78) und ein um alle Erscheinungen der Natur erweitertes „Gesamtkunstwerk“ mit dem Ziel, „Himmel und Erde“ in „ein Einziges, Ganzes [...] zu einen“ (1908).(79) Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass alles auf dieser Reise Gesehene gleichberechtigt nebeneinander steht, vom italienischen Volksleben über die Erhabenheit des Ätna und die antike Architektur bis zu den Städtebildern von Konstantinopel und Smyrna, dem orientalischen Kunsthandwerk und der islamischen Architektur, den Gesichtern, Gewändern, und ethnischen Eigenheiten der Bevölkerung, den Naturschönheiten des Meeres und der Gebirge, den auf Märkten und am Olymp zu findenden Edelsteinen, Kristallen und Mineralien. „[...] viele meiner Ideen, Pläne, Wünsche sind klarer geworden [...] und es kommt mir so selbstverständlich vor, daß ich wenigstens nicht von dieser Erde scheide – ohne meine größte Aufgabe gelöst zu hinterlassen,“ schreibt er, ungesagt auf sein künstlerisches Gesamtkonzept verweisend, am 4. August an Richard Biel, und resümiert abschließend aus Smyrna: „eines ist eben schöner wie das andere – seltsam, neu, ungeahnt – und im Grunde ist eben alles schön – es ist die Welt.“(80)

Die im Vergleich zu den umfangreichen Werkgruppen der Utopischen Architekturen und des Kunsthandwerks wenigen über dreizehn Jahre verteilten orientalisierenden Entwürfe fügen sich daher nahtlos in Habliks Gesamtwerk ein. Sie gehören bei den utopischen Entwürfen zum Komplex der Bauten für neue Volksgemeinschaften. Bei den Entwürfen zur Innendekoration reihen sie sich in die von Hablik verfolgten Bestrebungen um eine intensive handwerkliche Verarbeitung und einen an den Zeugnissen der Natur gemessenen Material- und Formenreichtum ein.(81) Das Orientalische steht bei ihm – wie bei der Mehrzahl der Forschungsreisenden seiner Zeit – nicht für die Errungenschaften der menschlichen Kultur, sondern für die „Wunder der Welt“.

Es ist nur folgerichtig, dass sich Hablik zu einem Kreis von Kunstschriftstellern hingezogen fühlte, die Gotik und Orient zu Vorbildern für eine neue Volksgemeinschaft erklärten. Der Kunsthistoriker Wilhelm Worringer verwarf 1911 in seinem Buch „Formprobleme der Gotik“ die Kunst der klassischen Antike als oberflächlich und materialistisch und favorisierte stattdessen den „primitiven“ Menschen der Gotik und den Orientalen: beide würden nur dem Instinkt vertrauen. Der gotische Mensch stehe noch vor, der orientalische bereits jenseits der Erkenntnis.(82) 1919 würdigte der Berliner Architekt Bruno Taut in seinem Buch „Die Stadtkrone“ Gotik und Orient als Vorbilder für eine neue Gesellschaftsordnung, indem er Kathedralen und Tempel Südostasiens als architektonischen Ausdruck der Einheit von „Geist“ und „Volk“ nebeneinander stellte und entsprechende Architekturformen als neue „Stadtkronen“ für den europäischen Städtebau forderte.(83) Der Kunsthistoriker und Architekt Adolf Behne mahnte in dem Buch „Die Wiederkehr der Kunst“ (1919) einen neuen Gemeingeist an, der aus der religiösen Verehrung einer gemeinsam zu schaffenden Kultur erwachsen sollte und dessen Vorbild er in Indien in der engen Verbindung zwischen Religion und Alltagskultur sah.(84) Hablik hat dieses Buch, das sich in seinem Nachlass befindet, gründlich durchgearbeitet und mit positiven Randbemerkungen versehen. Taut und Behne gehörten 1918 zu den Gründungsmitgliedern des revolutionären „Arbeitsrats für Kunst“ in Berlin, zu dessen „Ausstellung für unbekannte Architekten“ Hablik im März 1919 mit utopischen Entwürfen eingeladen wurde. Taut gewann Hablik noch im selben Jahr für die Teilnahme an der „Gläsernen Kette“, einem Kreis „utopischer Architekten“. Mit Behne blieb Hablik bis 1924 in schriftlichem Kontakt.

Iain Boyd Whyte hat ausführlich dargestellt, dass der gesamte Komplex der Aufwertung von Gotik und Orient zu architektonischen und sozialtheoretischen Vorbildern von den literarischen Aktivisten um Kurt Hiller, Rudolf Kayser und Alfred Wolfenstein beeinflusst war, die für die Schaffung idealer Gemeinschaften eintraten und so zur „architektonischen Erweckungsbewegung“ beitrugen.(85) Hiller und Wolfenstein gründeten 1917 den „Bund zum Ziel“, mit dem sie das „Volk“ zu einem neuen Gemeinschaftswillen veranlassen wollten und der sich 1918 zwei Tage nach der Abdankung des Kaisers im Reichstag als „Rat geistiger Arbeiter“, dem auch Taut angehörte, neu konstituierte. Dieser Zweig einer Adaption des Orients dürfte über einen eingeweihten Kreis kaum hinausgedrungen sein.

Die Tatsache, dass Taut 1936 in Istanbul eine Position als Professor und Leiter der Architekturabteilung an der Technischen Hochschule antrat, ist als Beleg dafür gewertet worden, „dass die Traumländer der Hoffnung der zehner Jahre [...] häufig zu Zielen eigener Wanderung, ja zuletzt zu Zufluchtsorten im Exil wurden“(86) und diente im Zusammenhang mit Hablik dazu, eine Orient-Bewegung von Kandinskys Reise nach Tunesien 1904/05 über Habliks Reise nach Konstantinopel bis in die Zeit des Nationalsozialismus zu konstruieren.(87) Tatsächlich emigrierten zwischen 1933 und dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit Hilfe einer in der Schweiz tätigen „Notgemeinschaft Deutscher Wissenschaftler im Ausland“ über dreihundert Akademiker aus Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei und Frankreich mit über eintausend Familienangehörigen in die Türkei, weil die türkische Regierung im Zuge der von Mustafa Kemal Atatürk eingeleiteten Reformen dringend in Deutschland entlassene und ausreisewillige Wissenschaftler zum Aufbau der eigenen Universitäten suchte und die entfernt vom deutschen Einflussbereich liegende und im Zweiten Weltkrieg neutrale Türkei ein sicheres Exil bieten konnte. Neben Taut gehörten auch die Architekten Gustav Oelsner, Paul Bonatz, Martin Elsaesser, Clemens Holzmeister und Margarete Schütte-Lihotzky, der Bildhauer Rudolf Belling, die Komponisten und Musiker Paul Hindemith, Ernst Praetorius und Eduard Zuckmayer sowie Wissenschaftler nahezu aller Fakultäten zu diesem Emigrantenkreis.(88)

Wie weit die orientalischen Anteile am Werk von Kandinsky, Matisse, Klee, Macke und Moilliet die Existenz einer Orient-Bewegung am Beginn des 20.Jahrhunderts begründen können, kann hier nicht hinreichend diskutiert werden. Kandinskys Gemälde mit orientalischen Sujets, „Arabischer Friedhof“ (Hamburger Kunsthalle), „Orientalisches“ und „Improvisation 6 (Afrikanisches)“ (beide Lenbachhaus, München) sowie weitere seiner 35 „Improvisationen“, die orientalische Elemente enthalten und die die abstrakte Malerei vorbereiteten, entstanden erst Jahre nach der Tunisreise, zwischen 1909 und 1911.(89) Ob seine von der Reise mitgebrachten Skizzenbücher als Grundlage für die Gemälde dienten, ist nicht nachvollziehbar. Er habe später „nach der Erinnerung“ bessere Landschaften gemalt als vor der Natur, erinnerte sich Kandinsky.(90)

Frankreich konnte Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts bereits auf eine lange Tradition orientalistischer Malerei zurückblicken. Seit Napoleons Expedition nach Ägypten 1798 und der mit der Besetzung Algiers 1830 beginnenden Kolonisierung Afrikas durch Frankreich war es für französische Künstler vergleichsweise einfach, im Gefolge ihrer Armeen nach Nordafrika und in den Mittleren Osten zu reisen und sogar bis in die Wüsten vorzudringen. Seit Eugène Delacroix’ Reise nach Marokko 1832 entstand in Frankreich eine bedeutende Schule der Orientalisten, zu denen außer ihm Decamps, Chassériau, Fromentin, Gérôme, Vernet und Deutsch als bedeutendste Vertreter gehörten und die sich 1893 in der „Société des Peintres Orientalistes Français“ organisierten.(91) Künstlerisch und politisch war die zuletzt dem Erotizismus zuneigende Bewegung zu diesem Zeitpunkt bereits tot, jedoch ist der Strom der aus Frankreich in den Orient reisenden Künstler nie wirklich abgerissen.(92)

Matisse, der sich spätestens seit einer Ausstellung 1903 in Paris für Islamische Kunst begeisterte, reiste erstmals 1906 nach Algerien. Er fand weder ein Äquivalent zu den in der Ausstellung gesehenen orientalischen Kunstwerken, noch interessierte ihn Algier.(93) Erst vier Jahre später fasste er nach dem Besuch der „Ausstellung von Meisterwerken Muhammedanischer Kunst“ 1910 in München den Plan für einen zweiten Besuch Nordafrikas und reiste im Januar 1912 und erneut im Oktober 1913 für einige Monate nach Marokko. Er übertrug Motive aus seinem dortigen engeren Lebenskreis und Kompositionsprinzipien orientalischer Teppichkunst in seine Malerei. In der Matisse-Forschung ist ausführlich diskutiert worden, ob Matisse, der sich auch für afrikanische und ozeanische Plastik interessierte und diese Picasso nahebrachte,(94) nicht eher als Primitivist denn als Orientalist einzuordnen sei.

Ebenso ausführlich und kontrovers wurde untersucht, ob und wie weit die vierzehntägige Tunis-Reise im April 1914 das Werk von Klee, Macke und Moilliet entscheidend beeinflusste. Klee und Macke erhielten entscheidende Einsichten über das Verhältnis von Farbe, Licht und Abstraktion bereits vor der Reise durch Robert Delaunay, so dass Schmalenbach, Ammann und andere vor einer Überschätzung der Reise als „Schlüsselereignis“ für ihr Kunstschaffen gewarnt haben.(95) Macke hatte sich schon seit 1910 mit märchenhaften und erotischen Orientmotiven beschäftigt.(96) Das Erlebnis des Lichts über Nordafrika wurde entscheidend für die künstlerische Weiterentwicklung der drei Maler. Jedoch gilt wohl auch für sie, dass sie als Touristen „über das ihnen Bekannte hinaus kaum Gelegenheit hatten, in die Welt des Orients einzudringen. Tunesien war für sie letztlich die Bestätigung für in Europa gewonnene Einsichten, es bot Konzentration und Steigerung, nicht aber Neues im Prinzipiellen, das ihrer Kunst eine nicht vorhersehbare Wendung hätte geben können.“(97)

Hablik hat sich, soweit bekannt, weder mit dem Orientalismus noch mit dem Primitivismus, der sich aus Gauguins auf die Südsee fokussierter Kunst ableitete, auseinandergesetzt. Seine beschreibende und charakterisierende Sicht auf die fremde Kultur lässt sich weder mit dem psychologisierenden, minutiös erzählerischen Stil der Orientalisten noch mit einem Interesse für die Kunst der „Urvölker“ in Verbindung bringen. In der Konfrontation des Reiseverlaufs, der literarischen und künstlerischen Möglichkeiten Habliks mit der Kulturgeschichte des Reisens und der Aneignung des Exotischen zeigt sich außerdem, dass ein Paradigmenwechsel hin zu einer neuen Orient-Sehnsucht für ihn ebenso wenig wie für die anderen genannten Künstler in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts gelten kann. Die Annäherung an das Exotische und seine emotionale und künstlerische Verarbeitung folgte jedenfalls bei Hablik den an der Italiensehnsucht des 19. Jahrhunderts geschulten bildlichen und literarischen Mustern oder schlicht dem Erfahrungshorizont der Zeit. Letztlich hatten die modernen Reisemöglichkeiten, die Handelsbeziehungen und der Tourismus dafür gesorgt, dass die klassische Italienreise nun mühelos in den Orient verlängert werden konnte.


Anmerkungen:

(1) Zur Bewertung des Orients als Vorbild für eine neue Kultur und Gesellschaftsordnung in Kunst und Literatur seit etwa 1910 vgl. bei Iain Boyd Whyte: Bruno Taut. Baumeister einer neuen Welt. Architektur und Aktivismus 1914-1920, Stuttgart 1981, das Kapitel „‘Geist’ und ‘Volk’“, S. 49-53; hierzu auch Ernst-Gerhard Güse: Vor der Orientreise, in: Die Tunisreise. Klee, Macke, Moilliet, Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum, Münster, Stuttgart 1982, S. 23 f. Für die Rolle Habliks als Beleg einer neuen Orientsehnsucht vgl. den Verf. selbst in seiner Dissertation, Axel Feuß: Wenzel Hablik (1881-1934). Auf dem Weg in die Utopie. Architekturphantasien, Innenräume, Kunsthandwerk, Phil. Diss. Hamburg 1989, S. 94, schließlich Axel Feuß: Die Malerei, in: Ausst.-Kat. Wenzel Hablik. Expressionismus und Utopie, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schleswig u.a., Florenz 1989/90, S. 28-30; zuletzt Elisabeth Fuchs-Belhamri im Ausst.-Kat. Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient, Wenzel-Hablik-Stiftung Itzehoe, Schloß vor Husum, Ostholstein-Museum Eutin 1997/98 (Kataloge der Museen in Schleswig-Holstein, 36), S. 15.

(2) Die Literatur zu Hablik ist bereits vielfältig, so dass im Folgenden auf den Nachweis allgemein bekannter Fakten und Daten verzichtet wird. Es darf pauschal auf die Dissertation des Verf. (wie Anm. 1), den umfangreichen und sorgfältig bearbeiteten Ausst.-Katalog Wenzel Hablik. Expressionismus und Utopie 1989/90 (wie Anm. 1), den Ausst.-Katalog Wenzel Hablik. Architekturvisionen 1903-1920, hrsg. v. Gerda Breuer, Institut Mathildenhöhe, Darmstadt 1995 sowie auf die in den letzten Jahren in der Wenzel-Hablik-Stiftung in Itzehoe erschienenen und von Elisabeth Fuchs-Belhamri bearbeiteten Kataloge verwiesen werden.

(3) Vgl. Wolfgang Reschke: Wenzel Hablik und die Familie Lindemann, in: Ausst.-Kat. Wenzel Hablik. Orientreise 1910, Itzehoe 1988 ( Schriften der Wenzel-Hablik-Stiftung, 1), S. 66-91.

(4) Tagebuchaufzeichnungen, Briefe und andere Archivalien des Künstlers befinden sich zum größten Teil in der Wenzel-Hablik-Stiftung in Itzehoe.

(5) Abb. in: Heinz Spielmann, Susanne Timm: Wenzel Hablik. Bestandskatalog seiner Werke im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig 1990, S. 24 f., sowie im Ausst.-Kat. Wenzel Hablik. Expressionismus und Utopie 1989/90 (wie Anm. 1), S. 151-161.

(6) Ausführlich zu Habliks Beteiligung an den Ausstellungen der Berliner Secession (deren Mitglied er nicht war) Axel Feuß: Wenzel Hablik, in: Ulrich Schulte-Wülwer/Jörg Paczkowski (Hrsg.): Max Liebermann und norddeutsche Künstler der Berliner Secession, Heide 2008, S. 108-112.

(7) Vgl. Reschke 1988 (wie Anm. 3), S. 81.

(8) Ebd., S. 80, sowie Jes Christophersen: Otto Lindemann. Ein bemerkenswerter Dithmarscher, in: Schleswig-Holstein 1985, H. 8, S. 6.

(9) Otto Lindemann an Hablik, März 1908, Mappe WE/K 1907/08, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe.

(10) Die 1889 gegründete Deutsche Levante-Linie operierte im östlichen Mittelmeer, in Nordafrika und in Häfen des Schwarzen Meers. Sie ging 1920 in der HAPAG auf. Der Preis der Schiffspassage auf den bis 1910 für die Deutsche Levante-Linie fahrenden Express-Dampfern „Pera“ und „Stambul“, die als Schwesternschiffe 1889 auf der Werft von Blohm & Voss in Hamburg gebaut worden waren, betrug (1905) von Hamburg nach Konstantinopel in den Innenkammern incl. Beköstigung 300 Mk, (1907) von Genua aus in der 3. Klasse 80 Mk (Handbuch, Deutsche Levante-Linie, Hamburg 1905; Verkehrs-Handbuch, Deutsche Levante-Linie, Hamburg 1907; Reinhart Schmelzkopf: Die Deutsche Levante-Linie 1890-1967 mit Bremer Dampferlinie „Atlas“ ..., Hamburg 1982, Nr. 3074, S. 529).

(11) Privatbesitz Kiel, maschinenschriftliche Abschrift in der Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, auszugsweise und ohne die Briefe aus Genua und Piräus veröffentlicht im Ausst.-Kat. Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 (wie Anm. 3), S. 11-56. Alle künftigen Zitate stammen aus der Abschrift in der Wenzel-Hablik-Stiftung.

(12) Zu den Reisewegen und Bildprogrammen der im 18. und 19. Jahrhundert nach Italien reisenden Künstler vgl. Hella Robels: Sehnsucht nach Italien, Bilder deutscher Romantiker, München 1974. – Einen umfassenden Überblick bietet immer noch der Ausst.-Kat. Auch ich in Arkadien. Kunstreisen nach Italien 1600-1900, Schiller-Nationalmuseum, Marbach 1966.

(13) „Ich bin sehr fleißig – d. h. ich zeichnete bis jetzt nur in eines der kl. schwarzen Skizzenbücher, das ist mir das Liebste. Wenigstens 25 gute Ölbilder sind darin schon. Allein vom Ätna 8 oder 10 [...] Ich möchte so gerne irgendeinem überirdischen Wesen danken. Wenn ich das doch nur zum kleinsten Teil ausdrücken könnte – was ich auf dieser herrlichen Reise alles gesehen – gespürt habe.“ (Hablik: Brief aus Catania, undat., Fortsetzung am 7. 7. 1910 nach der Abreise aus Piräus).

(14) Hablik: 2. Brief aus Genua v. 1. 7. 1910.

(15) Hablik: Brief nach der Abreise aus Piräus vom 7. 7. 1910, vermutl. abgesandt aus Konstantinopel.

(16) Vgl. Diether Rudloff: Unvollendete Schöpfung. Künstler im zwanzigsten Jahrhundert, Stuttgart 1982, S. 65 f.

(17) Die Tunisreise 1982 (wie Anm. 1), S. 17.

(18) Paul Klee: Studienreise nach Tunesien (Tagebuch April 1914), ebd., S. 34.

(19) Vgl. das Kapitel „Ausgedehnte Reisen 1904-1906“ in: Vivian Endicott Barnett: Das bunte Leben. Wassily Kandinsky im Lenbachhaus, hrsg. von Helmut Friedel, Ausst.-Kat. Lenbachhaus, München 1996, S. 125-127.

(20) Vgl. das Kapitel „Zur Sozialgeschichte des bürgerlichen Reisens im 19. Jahrhundert“ bei Alexander Schmidt: Reisen in die Moderne. Der Amerika-Diskurs des deutschen Bürgertums vor dem Ersten Weltkrieg im europäischen Vergleich, Berlin 1997, S. 58-80, hier S. 62 f. Dort auch weitere Literatur zur Geschichte des Tourismus.

(21) Wolfgang Günter: Geschichte der Bildungsreise, in: ders. (Hrsg.), Handbuch für Studienreiseleiter, 3. Aufl., München 2003, S. 20.

(22) Richard Stegemann: 50 Jahre Deutsche Levante-Fahrt 1889-1939 (Festschrift der Deutschen Levante-Linie, Hamburg), 1939, S. 21.

(23) Reisen nach dem Morgenlande ab Hamburg, Zeebrügge (Belgien), Dover (England), Deutsche Levante-Linie, Hamburg 1909; Foto des Dampfers „Stambul“ nach S. 32, des Speisesaals S. 40, Panorama von Konstantinopel vor S. 77, „Vor einem türkischen Kaffeehause“ S. 79.

(24) Handbuch, Deutsche Levante-Linie, Hamburg 1905, S. 57 f.

(25) Hablik: Brief v. 12. 7. 1910 aus Konstantinopel. – Zwei in den Zusammenhang passende Porträtzeichnungen einer Frau von vorn und im Profil nach rechts sind erhalten. Sie sind auf den 8. 10. 1910 datiert und tragen die Beischriften „Adèle Adelheim, Moskau“ (37,3 × 32,3 cm) und „Whrnd d. Fhrt von Genua nch. Knopel auf d. Dpfr. Stambul“ (27,2 × 24,2 cm, beide Bleistift, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe).

(26) Vgl. Ute Michel, Beatrix Wiethold-Klingeberg: Märchenland Orient?, in: Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 (wie Anm. 3), S. 60-63; dort auch weitere Literatur.

(27) Wie Anm. 25.

(28) Hablik: Brief v. 10.(?) 8. 1910 aus Feneraki (Fenerbahçe)/Kleinasien.

(29) Wie Anm. 25.

(30) Ebd.

(31) Hablik: Brief vom 4. 8. 1910 aus Konstantinopel.

(32) Wie Anm. 25.

(33) Hablik: Brief vom 6. 8. 1910 aus Konstantinopel.

(34) Wie Anm. 31.

(35) Berühmt wurden die ethnographischen Dokumentationen des Fotografen Edward S. Curtis, der seit 1900 auf von Ethnologen begleiteten Expeditionen durch den Westen der USA das Leben der Indianer auf Tausenden Fotografien festhielt und diese 1907-1930 in der mit 2200 Fotogravüren illustrierten zwanzigbändigen Enzyklopädie „The North American Indian“ veröffentlichte (Neuauswahl und Einführung durch Hans Christian Adam: Native Americans. Die Indianer Nordamerikas. Les Indiens d’Amérique du Nord. Edward S. Curtis, Köln 2001, Neuausg. Köln 2008). Bezeichnenderweise entsprechen diese fotografischen Porträtaufnahmen in der ernsthafen Unbewegtheit der Gesichter und der Aufnahmetechnik von vorn, von der Seite und im Dreiviertelprofil den rund siebzig Jahre zuvor von dem Landschaftsmaler Karl Bodmer während der 1832-34 von Maximilian Prinz zu Wied unternommenen Expedition zu den Indianergebieten im Norden Montanas angefertigten Aquarellen, die 1839-41 in den Reisebeschreibungen Maximilians veröffentlicht wurden. Dieser hatte während der Expedition immer wieder darauf bestanden, dass Bodmer „vor allem die indianischen Menschen [...] mit größtmöglicher Genauigkeit abbildete“ (Sonja Schierle: Die Reise in das Innere Nord-America. Faszination und Realität indianischer Kulturen, in: The American Indian. Die Indianer Amerikas. Les Indiens d’Amérique, Köln 2005, S. 12). – Zur anthropologischen und ethnographischen Fotografie vgl. Markus Schindlbeck (Hrsg.): Die ethnographische Linse. Photographien aus dem Museum für Völkerkunde, Berlin 1989; Thomas Theye (Hrsg.): Der geraubte Schatten. Photographie als ethnographisches Dokument, Münchner Stadtmuseum 1989.

(36) Michel/Wiethold-Klingeberg 1988 (wie Anm. 26), S. 66.

(37) Hablik: 2. Brief vom 12. 7. 1910 aus Konstantinopel.

(38) o.T. (Skizze zu dem späteren Gemälde „Die Spanierin. Im Garten von Pera“, 1911), undat., numm. „71“, Bleistift, 20,1 × 16,7 cm. – Soldat, undat., Bleistift, 20,7 × 11,8 cm. – Männliches Porträt, undat., numm. „4“, Bleistift, 20,7 × 11,8 cm (alle Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe).

(39) Wie Anm. 33.

(40) „Neger, Matrose/Hafen von Smyrna“, dat. 17. XI. 10, Öl auf Leinwand, 65 × 50 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe. – Männliches Porträt, dat. 18.19. IV. 12, Öl auf Leinwand, 95,5 × 75,5 cm, ebd. – „Derwisch, Orden der heulenden Derwische“, dat. 8. II. 11, Öl auf Leinwand, Galerie výtvarného umění, Ostrava/Tschechische Republik; vgl. Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 (wie Anm. 1), Abb. S. 29, 32, 45. – Türke vom Lande, Erzähler, Konstantinopel, dat. 7. II. 11, Öl auf Leinwand, 65,5 × 50 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe; vgl. Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 (wie Anm. 3), S. 16.

(41) Wie Anm. 31.

(42) Wie Anm. 33.

(43) Hablik: Brief vom 29. 7. 1910 aus Konstantinopel.

(44) Ebd. Das Zitat ist um weitere nicht zumutbare Charakterisierungen gekürzt.

(45) Heinz Buddemeier: Panorama, Diorama, Photographie. Entstehung und Wirkung neuer Medien im 19. Jahrhundert, München 1970, S. 81.

(46) Ludwig Schrank: Auswärtige Correspondenz, in: Photographisches Archiv, Jg. 5, Nr. 59, Düsseldorf 1864, S. 249.

(47) Adolf Bastian: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen, Berlin 1881, wieder abgedruckt in Carl August Schmitz (Hrsg.): Kultur, Frankfurt/Main 1963, S. 62.

(48) Umfassend und ausführlich zu diesem Themenkomplex Thomas Theye: Der geraubte Schatten – Einführung, in: ders. (Hrsg.): Der geraubte Schatten. Eine Weltreise im Spiegel der ethnographischen Photographie, München, Luzern 1989, S. 8-59; dort weitere Literatur.

(49) Wie Anm. 33.

(50) Ebd. – In Habliks Nachlass sind rund dreißig fotografische Landschafts-, Architektur- und Genreaufnahmen aus der Türkei erhalten, vgl. Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 (wie Anm. 1), S. 42.

(51) Wie Anm. 33.

(52) Carl Hagenbeck: Von Tieren und Menschen. Erlebnisse und Erfahrungen, Berlin 1909, S. 89. – Vgl. auch Stefan Goldmann: Zur Rezeption der Völkerausstellungen um 1900, in: Exotische Welten. Europäische Phantasien, Ausst.-Kat. Institut für Auslandsbeziehungen, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart 1987, S. 88-93; dort weitere Literatur.

(53) o.T. (Blick über Konstantinopel auf die Hagia Sophia), dat. 28. VII. 10, numm. „83“, Bleistift, 22,5 × 27,3 cm, Museumsberg Flensburg, Inv. Nr. 18612.8.

(54) Wie Anm. 31.

(55) o.T. (Blick über Konstantinopel auf die Hagia Sophia), dat. 11. VIII. 10, Öl auf Leinwand, 38 × 46 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe (Abb. in: Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 [wie Anm.1], S. 28).

(56) Dieses Panorama ist so auch heute noch von dem in Beyoğlu gelegenen Galata-Turm aus zu sehen, den Hablik am Tag seiner Ankunft zusammen mit Rudolf Lindemann besuchte.

(57) Hablik: Brief vom 12. 7. 1910 aus Konstantinopel.

(58) Zitate Christoph Heilmann, in: „In uns selbst liegt Italien“. Die Kunst der Deutsch-Römer, Ausst.-Kat. Haus der Kunst, München 1987, S. 274 f. - Besonders schöne Beispiele sind Johann Georg Dillis’ „Blick von der Villa Malta in Rom auf St. Peter“ (1818, Schack-Galerie, München), Johann Christian Reinharts „Blick von der Villa Malta in Rom nach Westen“ (1835, Neue Pinakothek, München) und Louis Gurlitts „Ansicht von Rom“ vom Capitol aus über das Forum und den Palatin mit den Albaner Bergen in der Ferne (1845, Hamburger Kunsthalle).

(59) Vgl. die fotogr. Abb. „Vor einem türkischen Kaffeehause“, in: Reisen nach dem Morgenlande 1909 (wie Anm. 29), S. 79; zu Habliks Zeichnung eines Lastträgers (Abb. in: Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 [wie Anm. 3]) vgl. die fotogr. Abb. „Türkische Gepäckträger, Hammal“ in: Richard Freiherr von und zu Eisenstein: Reisen nach Konstantinopel und Kleinasien, Rumänien, Bulgarien und Serbien, Wien 1912, S. 244.

(60) In ganzer Länge veröffentlicht in: Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 (wie Anm. 3), S. 36-42.

(61) Nachlager am Feuer bei den Hirten, am Olymp/Kleinasien, dat. 22. VII. 1911, Öl auf Leinwand, 241 × 387 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, Abb. ebd., S. 18.

(62) Jeschil Dschami (Yeşil Camii), Grüne Moschee, Brussa (Bursa), dat. 30. VI./1. 7. 11, Öl auf Leinwand, 122 × 122 cm, Privatbesitz. Elisabeth Fuchs-Belhamri hat das Motiv als Yildirim-Beyazit-Moschee identifiziert (Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 [wie Anm. 1], S. 19).

(63) Monographien über Böcklin, Stuck und Klinger gehörten zu den wenigen Büchern, die Hablik während seiner Wiener Studienzeit erwerben konnte (Bücherrechnung 1903, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe). Über seine Verehrung für Hodler, Böcklin und Klimt in dieser Zeit berichtete er: „Verhältnis zu den Kunstepochen der Gegenwart und der Vergangenheit? als Schüler große Verehrung für Michelangelo u. Velazquez, später noch Hodler, Böcklin, Klimt, Metzner (Wiener Zeit)“ (Fragebogen unbek. Herkunft, um 1923, Mappe WH/A VIII div., Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe).

(64) Arnold Böcklin: Altrömische Vigna (Altrömische Weinschänke; Oktoberfest), 1865, Öl auf Leinwand, Schack-Galerie, München; ders.: Sturm am Meer (Heiligtum des Herakles), 1878/80, Städt. Kunstsammlungen Darmstadt; Abb. in: „In uns selbst liegt Italien“ 1987 (wie Anm. 58), S. 192, 215.

(65) Fotogr. Abb. „Die Jeschil-(grüne) Moschee in Brussa in Kleinasien“, in: Eisenstein 1912 (wie Anm. 59), S. 82 o.

(66) Hablik: Feneraki (Fenerbahçe), undat. (1910), numm. „9“, Bleistift, 27,1 × 22,5, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, unveröffentlich. Johann Wilhelm Schirmer: Zypressen, 1840, Öl auf Leinwand, Kunstmuseum Düsseldorf; Oswald Achenbach: Zypressen, um 1850, Öl auf Pappe, Kunstmuseum Düsseldorf; Abb. in: „In uns selbst liegt Italien“ 1987 (wie Anm. 58), S. 319, S. 167.

(67) Cypresse, Bosporus, dat. 9. II. 11, Öl auf Leinwand, 75 × 46 cm, Privatbesitz, unveröffentlicht; Cypresse, Krähen-Nistbaum, dat. 10. II. 11, Öl auf Leinwand, 76 × 46,5 cm, Privatbesitz, unveröffentlicht; Ufer des Bosporus, alte Cypressen, dat. 25. VII. 11, Öl auf Leinwand, 120 × 120 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, Abb. in: Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 (wie Anm. 3), S. 14.

(68) ohne Titel (Vorzeichnung zu dem Gemälde Brussa, 1910), numm. 51, Bleistift, 22,5 × 27,3 cm; Brussa (Bursa), dat. 10. XI. 10, Öl auf Leinwand, 95 × 120 cm; beide Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, Abb. in: Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 (wie Anm. 1), S. 24 f.

(69) ohne Titel (Vorzeichnung zu dem Gemälde Die Grüne Türbe, Brussa, 1910), numm. „44“, Bleistift, 27,2 × 22,5 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, Abb. in: Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 (wie Anm. 1), S. 41.

(70) „In uns selbst liegt Italien“ 1987 (wie Anm. 58), S. 218.

(71) Hablik: Brief vom 14. 9. 1910 von der Fahrt nach Malta.

(72) Eine Woge, dat. 28. IV. 11, Öl auf Leinwand, 46,5 × 75 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, Abb. in Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 (wie Anm. 3), S. 21, dazu die Bleistiftskizze Vor Smyrna, 1910, 12,1 × 20,9 cm, Museumsberg Flensburg, Inv. Nr. 18611.9. – Abb. der vor Smyna entstandenen Ölstudien in: Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 (wie Anm. 1), S. 34 f.

(73) Suleïmanié, undat., numm. „85“, Bleistift, 27,2 x 22,5 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, dazu Eisenstein 1912 (wie Anm. 59), S. 219 u.; zur Grünen Türbe (Abb. 7) vgl. Eisenstein, S. 83.

(74) Olymp, Bergbach, Kleinasien, dat. 30. IV./1. V. 11, Öl auf Leinwand, 200 × 180 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, Abb. in: Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 (wie Anm. 1), S. 33; Olymp, Bergbach, dat. 3. V. 11, Öl auf Leinwand, 95 × 75 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe.

(75) ohne Titel (Vorzeichnung zum Gemälde Derwisch, 1911), 1910, numm. „12“, Bleistift, 14,7 × 12 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe; das zugehörige Gemälde s. Anm. 54; Abb. ebd., S. 44 f. – Skutari, Studie, dat. 1. IX. 10, Öl auf Leinwand, 33 × 55 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe, Abb. ebd., S. 30 – Eisenstein wurde durch die Weltreise Erzherzog Franz Ferdinands und die anschließend gezeigte „Sammlung von Bildern, Trachten, Waffen und Gebrauchsgegenständen der bereisten Länder und besichtigten Völker“ zu seiner eigenen Reise bewogen, deren Beschreibung „die Psyche, die Lebensweise und die Einrichtungen der betreffenden Völker“ vermitteln und dadurch „unseren Welthandel heben“ sollte (Eisenstein 1912 [wie Anm 59], 1; zum geschilderten Reiseverlauf vgl. ebd., S. 74, 75-84, 200 f., 224, 236 f.).

(76) Abb. einer dieser farbigen Tuschen in: Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 (wie Anm. 3), S. 13. Die Exemplare in der Graphischen Sammlung der Nationalgalerie Prag tragen die Inv. Nrn. K 17439, K 17440. Es kommen auch unbezeichnete und undatierte sowie „Aquarium Helgoland“ bezeichnete Stücke in dieser Serie vor.

(77) Feuß: Wenzel Hablik. Auf dem Weg in die Utopie 1989 (wie Anm. 1), Kap. 3: Architekturen für eine neue Volksgemeinschaft, Kap. 6: Die Verwirklichung der Utopie; Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 (wie Anm. 1), S. 51-60, dort sämtliche Abb., die Wandbehänge S. 38 f.; Abb. der Dosen von 1911 in: Wenzel Hablik. Orientreise 1910, 1988 (wie Anm. 3), S. 28 f.

(78) Hablik: Erstes Tagebuchblatt vom 26. 2. 1906, W/Tg 3, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe.

(79) Hablik: Kleiner Lebenslauf, um 1908, Privatbesitz Kiel.

(80) Hablik: Brief vom 12. 9. 1910 im Hafen von Smyrna.

(81) Zur theoretischen Herleitung von Habliks kunsthandwerklichen Zielen und Methoden, auch aus der englischen Kunstgewerbe-Bewegung, dem Wiener Jugendstil und den Theorien in der Gründungsphase des Deutschen Werkbunds vgl. Feuß: Wenzel Hablik. Auf dem Weg in die Utopie 1989 (wie Anm. 1), Kap. 4: Naturmystik und Gesellschaftsutopie im bürgerlichen Innenraum (1908-1918).

(82) Wilhelm Worringer: Formprobleme der Gotik, München 1911, zusammfasssend vgl. Iain Boyd Whyte 1981 (wie Anm. 1), S. 52.

(83) Bruno Taut: Die Stadtkrone. Mit Beiträgen von Paul Scheerbart, Erich Baron, Adolf Behne, Jena 1919, Neudruck Nendeln 1977.

(84) Adolf Behne: Die Wiederkehr der Kunst, Leipzig 1919, S. 13.

(85) Vgl. bei Iain Boyd Whyte 1981 (wie Anm. 1) das Kapitel „Die Rolle der Aktivisten“, S. 54-58.

(86) Simone Hain: Ex Oriente Lux. Deutschland und der Osten, in : Vittorio M. Lampugnani/Romana Schneider (Hrsg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900-1950. Expressionismus und Neue Sachlichkeit, Stuttgart 1994, S. 135.

(87) Wenzel Hablik. Bilder aus dem Orient 1997/98 (wie Anm. 1), S. 15 f.

(88) Arnold Reisman: Turkey’s Modernization. Refugees from Nazism and Atatürk’s Vision, Washington, DC, 2006; Alphabethische Liste der emigrierten Professoren und ihrer Disziplinen, S. 474-478.

(89) Vgl. Gérard-Georges Lemaire: The Orient in Western Art (L’univers des Orientalistes, Paris 2000), Königswinter 2008, S. 288-292.

(90) Zu Kandinskys Reise nach Tunesien vgl. Vivian Endicott Barnett: Das bunte Leben. Wassily Kandinsky im Lenbachhaus, hrsg. von Helmut Friedel, Ausst.-Kat. Lenbachhaus, München 1996, S. 126 f., Abb. S. 140-146. Ähnlich Ulrike Becks-Malorny: Wassily Kandinsky 1866-1944. The Journey to Abstraction [1994], Köln 2007, S. 34 ff., die Gemälde mit arabischen Motiven würden nur möglicherweise auf die Tunis-Reise zurückgehen. Die Autorin belegt außerdem eine auffallende Ähnlichkeit zwischen Kandinskys „Improvisation 6 (Afrikanisches)“ (1909) und Adolf Hoelzels „Composition in Rot I“ (1905), die Frauen in Dachauer Tracht zeigt (Abb. ebd., S. 40 f.).

(91) Vgl. Lemaire 2008 (wie Anm. 89); Mary Anne Stevens (Hrsg.): The Orientalists: Delacroix to Matisse. European Painters in North Africa and the Near East, Ausst.-Kat. Royal Academy of the Arts, London 1984; James Harding: Artistes Pompiers. French Academic Art in the 19th Century, London 1979.

(92) Vgl. die Kapitel „Orientalism Today“ und „New Visions of the Orient” bei Lemaire 2008 (wie Anm. 89), S. 281 ff. und S. 322 ff.

(93) Vgl. das Kapitel „Henri Matisse and the image in the carpet“, ebd., S. 295-302.


(94) Vgl. das Kapitel „Primitivismus bei Matisse und Picasso“ bei Bärbel Küster: Matisse und Picasso als Kulturreisende. Primitivismus und Anthropologie um 1900, Berlin 2003, S. 30-38.

(95) Güse 1982 (wie Anm. 1), S. 22 f.; Brigitte Kaul: Louis Moilliet und die Reise nach Tunesien 1914, in: Die Tunisreise 1982 (wie Anm. 1), S.162.

(96) Güse 1982 (wie Anm. 1), S. 23.

(97) Ernst-Gerhard Güse: Raum und Fläche – Europa und der Orient. Zu August Mackes Tunis-Aquarellen, in: Die Tunisreise 1982 (wie Anm. 1), S. 145.